Wo ein Wille ist…

„Ich will aber…“

Wie oft kann man das Kinder sagen hören? Und wie oft geht dieser Satz mit Tränen und Wut und Leid einher.

Wir Erwachsene haben zum Glück gelernt, dass man eben nicht alles haben kann. Dass wir manches nicht jetzt sofort und genauso wie wir wollen bekommen können.

Das haben wir gelernt, oder?

Was ist dieser Wille, der uns vorantreibt? Eine Idee, ein Plan, der in unserem Kopf heranreift. Der uns wertvoll, wichtig, notwendig erscheint und in den wir eine Menge geistige Energie stecken, weil wir ein bestimmtes Resultat HABEN wollen.

Und wie reagieren wir darauf, wenn wir diese Pläne nicht umsetzen können? Wenn ihnen etwas oder jemand im Weg steht? Ist nicht doch noch ein Überbleibsel vom kleinen Kind in uns, dass dann weint und tobt? Vielleicht werfen wir uns nicht mehr auf den Boden, oder haben den Impuls weh zu tun. Aber die Wut, die Verzweiflung, der Ärger, der aufkommt, wenn unsere Ziele sich von uns entfernen, sind in der Regel geblieben.

Der Wille berücksichtigt aber, bei Kindern wie bei Erwachsenen, eine Sache nicht:

Ob wir unsere Ziele erreichen, oder ob wir das nicht tun, liegt nicht zu hundert Prozent in unserer Hand. Zu viele Umstände, in unserer Umwelt, in unseren Mitmenschen und schließlich auch in uns selbst, wirken in einem undurchschaubaren Gewebe aus Bedingungen und Voraussetzungen.

Wenn wir uns damit abmühen eine direkte Linie vom Wunsch zum Resultat zu ziehen, dann werden wir eine Menge Rückschläge und Enttäuschungen einstecken müssen. Wie ein Gärtner können wir die Samen lediglich pflanzen. Wir können den Setzling nicht in die Länge ziehen, damit er schneller wächst. Da steckt ein Element der Gewalt dahinter, die über kurz oder lang uns selbst und anderen Schaden zufügt.

Können wir stattdessen das Bedürfnis, den Wunsch, die Idee eingehender betrachten?

Können wir diese so tief erkunden, dass wir viele Wege finden diese Intention wachsen zu lassen. Wie ein Gärtner viel mehr Samen ausstreut, als er später Pflanzen haben wird, in der Hoffnung, dass einige wenige zur Sonne wachsen?

Können wir ein Stück unserer Last aufgeben, wenn wir verstehen, dass wir nicht verantwortlich dafür sind, dass die Dinge genauso laufen wie wir geplant haben? Können wir uns von der Verantwortung für das gelungene Resultat lossagen?

 

 

 

Von außen und innen

Wir sind stetig auf der Suche in der Welt:

Nach Dingen, die wir genießen können, die uns glücklich machen. Nach Kontakt mit anderen Menschen, nach Trost, Hilfe, Unterstützung, Bestätigung. Wir suchen nach etwas, das unseren inneren Hunger sättigt, uns Freude bereitet und glücklich macht.

Genauso können wir in der Gedankenwelt verloren sein, wo wir Lösungen, Antworten, Rechtfertigungen oder Erkenntnisse zu finden versuchen.

Wie eine Krake, die ihre Tentakeln in alle Richtungen ausstreckt, ewig tastend und suchend nach etwas Greifbarem, Soliden. Verstrickt in viele Richtungen. Mit diesem Bild geht das Gefühl einer Ermüdung und Rastlosigkeit einer – sowie einer tiefen Sehnsucht.

Kann man sich der Anstrengung und dem Leid bewusst sein, die entstehen, wenn wir  im Außen nach etwas zu suchen, das uns zufriedenstellt?

Können wir uns dem Innen zuwenden, wenn wir nach Erfüllung und Antwort suchen?

Ja, es mag sein, dass es im Innen ziemlich unordentlich zugeht. Das es zumindest am Anfang nicht einfach ist, sich nach Innen zu wenden.

Gil Fronsdal, Meditationslehrer am IMC, beschreibt das Innere als verwahrloste Wohnung, der sich lange keiner mehr angenommen hat. Wenn wir lange abwesend waren, müssen wir erst einmal aufräumen, Ordnung schaffen. Dann aber, dann haben wir die Möglichkeit dort zu finden, was wir sonst nirgendwo zu finden vermögen:

Ein sicheres Zuhause.

I have arrived
Kalligraphie von Thich Nhat Hahn

Ich bin angekommen,

Ich bin Zuhause.


 

Der Plan von der Abschaffung des Unglücks

Stress – wir wollen ihn alle loswerden! So schnell wie möglich, am besten sofort. Wir möchten ihn weg meditieren, weg therapieren, weg trinken, weg essen, weg schlafen, weg machen.

Wie schade!

Denn im Stress liegt der Schlüssel zum besseren Verständnis unserer Selbst. Im Stress selbst liegt die Antwort darauf, wie wir dauerhaft glücklich werden können.

Die Kunst eines entspannten, gelassenen und zufriedenen Lebens liegt nicht in der Maximierung unseres Glücks. Was wäre das für ein anstrengendes, unerfüllbares Unterfangen! Wissen wir doch alle inzwischen, dass das eine oder andere, kleine oder große Unglück, eine Unzufriedenheit, eine Unruhe bereits wieder auf uns wartet.

Können wir in den Stress, in die Unruhe, in die Unzufriedenheit hinein sehen? Sie mit großer Ehrlichkeit und Ruhe untersuchen und ihr bis auf den Grund folgen?

Wir können Achtsamkeit und Konzentration dazu verwenden hinter die erste, offensichtliche Antwort zu blicken und versuchen wirklich zu verstehen, wo unser Unglück herkommt. Was unsere tieferen Einstellungen, Glaubenssätze, Meinungen sind, die mit dem Unglück verbunden sind. Es braucht etwas Mut!

Das ist es wert.

Grenzen der Achtsamkeit

Achtsamkeit ist ein wichtiges Werkzeug, wenn es darum geht mehr Ruhe und Klarheit zu gewinnen.

Achtsamkeit hilft dabei aus dem Gedankenkarusell auszusteigen. Wieder im Hier und Jetzt zu landen und die Fähigkeit zu entwickeln hinter den Vorhang zu sehen:

  • Was ist das Gefühl, die Stimmung hinter meiner Aufregung, Unruhe, Sorge?
  • Welches Bedürfnis steckt hinter meiner Wut, Scham, Angst?
  • Welche Ansicht verbirgt sich hinter diesem Gedanken?

Achtsamkeit hilft uns dabei inne zu halten. Hinzusehen und Klarheit zu gewinnen. Mitunter kann das Verstehen an sich eine enorme Entlastung sein, Veränderungen aber bewirkt Achtsamkeit nicht. Veränderungen entstehen aus der gewonnenen Klarheit  und müssen umgesetzt werden.

Achtsamkeit kann dazu führen, dass wir innere oder äußere Umstände erkennen, die einer Änderung bedürfen. Diese Missstände lassen sich durch Entspannung und Achtsamkeit allein nicht ändern. In diesem Fall ist es notwendig aus der Beobachtung in die Handlung überzugehen, einen mutigen Schritt vorwärts – mit viel Vertrauen auf die eigene innere Klarheit.

Was ist Stress?

Stress hat seine Ursachen außerhalb von uns:

Stress bezeichnet in der Werkstoffkunde die Veränderung eines Materials durch äußere Krafteinwirkung: Es folgen Anspannung, Verzerrung und Verbiegung. (Quelle: Wikipedia)

und innerhalb von uns:

Stress ist ein von der Öffentlichkeit akzeptierte Umschreibung für ein Leben, gefangen in Begehren und Angst. Stress ist der Wunsch Dinge zu meistern und die Angst sie nicht gemeistert zu bekommen (Quelle: Christopher Titmuss, An Awakend Life)

Nicht jede Anstrengung und Strapaze ist gleich Stress:

Stress wird erst dann negativ empfunden, wenn er häufig oder dauerhaft auftritt und körperlich und/oder psychisch nicht kompensiert werden kann und deshalb als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd gewertet wird. (Quelle: Wikipedia)

Können wir unseren Alltag mit genügend Aufmerksamkeit begleiten, um das Entstehen von Stress wahrzunehmen?

Um die äußeren Geschehnisse zu beobachten?

Um die inneren Geschichten, Bewertungen, Emotionen zu erkennen?